Einsatzkräfte müssen auf der Spessartfestwoche 176-mal Erste Hilfe leisten
Tanzende, klatschende und singende Menschen auf Brauereibänken, kreischende Mädels in rasanten Fahrgeschäften, Kinder mit Zuckerwatte – gute Laune, wohin man blickt. Die Lohrer Spessartfestwoche kann so schön sein. Doch nicht für alle sind die zehn Tage Partymarathon das pure Vergnügen. Für manche bedeutet die Festwoche vor allem eines: jede Menge Arbeit – so auch für die Lohrer Rotkreuzbereitschaft.
Tag für Tag, Abend für Abend sorgen ehrenamtliche Männer und Frauen dafür, dass die Festwochenbesucher auch bei medizinischen Notfällen schnell und bestens versorgt werden. Einer dieser Männer ist Bereitschaftsleiter Dominik Brühl. Er ist bereits im 13. Jahr auf der Festwoche aktiv, schiebt auch heuer an einigen Abenden Dienst. „Auf den Festwochendienst freut sich jeder, das ist immer ein Highlight“, erzählt er. Der Dienstplan fülle sich daher in dieser Zeit praktisch von alleine. Über 40 Ehrenamtliche im Alter zwischen 17 und 64 Jahren kommen so während der Festwoche zum Einsatz.
Während die Tagesschicht mit drei Personen abgedeckt wird, sind abends ab 19 Uhr sieben Männer und Frauen am Versorgungszelt des Roten Kreuzes am Eingang zum Festplatz zu finden. „An den Kampftagen stocken wir diese Zahl noch um einen Rettungssanitäter, einen Rettungsassistenten und einen Notarzt auf“, informiert Brühl. Mit „Kampftage“ meint er die beiden Samstage und den „Jukebox“-Abend.
„Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass die Personalaufstockung notwendig ist“, verweist der Bereitschaftsleiter auf die Zahlen der Hilfeleistungen. Allein an diesen drei „Kampftagen“ haben die Helfer so viel zu tun wie an den restlichen sieben Tagen zusammen. Dies zeichnet sich auch heuer wieder so ab: Während vom vergangenen Freitag bis Sonntag 30 Versorgungen notiert wurden, waren es allein am „Jukebox“-Montag 27.
Mit dem Rucksack auf Patrouille
Der Dienstablauf ist eigentlich jeden Tag gleich: Zwei Helfer sind ständig mit einem kompletten Notfallrucksack auf Patrouille. „Sie gehen auf Streife, sind präsent und laufen den Festplatz inklusive Festzelt ab“, berichtet Brühl. Da kommt schon mal der eine oder andere Schausteller auf die Rotkreuzler zu, weil er eine Blase am Finger hat. Oder das Küchenpersonal meldet sich quasi im „Vorbeigehen“, wenn sich mal jemand leicht verbrannt hat. „Die können nun mal nicht einfach weg von ihren Ständen“, erzählt Brühl.
Während zwei ihre Tour machen, vertreiben sich die restlichen Helfer die Zeit bis zum nächsten Einsatz am Versorgungszelt. Das ist übrigens nagelneu. Erst einen Tag vor Festwochenbeginn sei es angekommen, erzählt Brühl. Auf einer Fläche von vier mal fünf Metern, auf denen vier Liegen verteilt sind, können die Rotkreuzler die Hilfesuchenden betreuen und verarzten.
„Für die Menge an Leuten passiert relativ wenig, “Dominik Brühl BRK-Bereitschaftsleiter
„Wir sind mit zwei kompletten Rettungswagen-Ausstattungen vor Ort“, verweist der Bereitschaftsleiter zum einen auf den ebenfalls vor Ort stationierten Rettungswagen, zum anderen auf die Ausrüstung im neuen Zelt. „Nicht fehlen darf natürlich eine Kaffeemaschine, die ist ganz wichtig“, lacht er. Klar, immerhin müssen die Rotkreuzler doch meist bis 1 Uhr oder gar länger die Stellung halten.
Wer denkt, dass die Helfer überwiegend bei gesundheitlichen Problemen aufgrund übermäßigen Alkoholgenusses eingreifen müssen, der irrt. Auch sonst habe man es „mit den unterschiedlichsten Dingen zu tun“, erzählt Brühl: Nasenbluten, Kreislaufprobleme, Wundversorgungen oder Insektenstiche.
„Die Festwoche ist ein Phänomen. Wir haben gut zu tun, aber für die Menge an Leuten, die kommt, passiert relativ wenig“, berichtet er von geschätzten 150 Hilfeleistungen, die die Helfer in den zehn Tagen zu bewältigen haben. Von den 150 Fällen müssen laut Brühl rund zehn Prozent ins Krankenhaus gebracht werden.
Wehen beim Abschlussfeuerwerk
Wenn man 13 Jahre lang Festwochendienst schiebt, dann hat man natürlich schon so einige Kuriositäten erlebt. Sofort fällt Dominik Brühl ein Herr ein, der bei der Verrichtung seiner Notdurft durch die Scheibe des „Maintalbummlers“ gefallen ist. „Er musste dann mit Schnittwunden versorgt werden.“ Unvergessen bleibt ihm auch eine schwangere Frau, bei der während des Abschlussfeuerwerks die Wehen einsetzten und die Fruchtblase geplatzt ist. Allerdings mussten die Rotkreuzler damals nicht Geburtshelfer spielen; das Kind kam erst im Krankenhaus zur Welt.
Und dann erinnert sich Brühl noch an einen Samstag vor fünf Jahren, als „Oh la la“ gespielt haben. Wegen eines Gewitters sind gut 2000 Leute aus dem Biergarten ins ohnehin schon proppenvolle Zelt gestürmt. „Es gab ein Riesengedränge und -geschubse“, berichtet Brühl. „Wir hatten in einer Stunde 29 Patienten.“ Doch auch für diese Extremsituation waren die Helfer gewappnet. Genauso wie sie auch an diesem Wochenende wieder die Stellung halten werden und Dienst schieben – während andere feiern.
Text und Bild: Mainpost vom 01.08.2009